Mein erster Impuls war es, gar nicht oder kaum über meine Zeit in Fremantle zu schreiben. Ich hatte das Gefühl in einer kleinen Seifenblasen zu leben die platzen würde, sobald ich zu viele andere Menschen hineinlasse.
Die letzten Tage ist mir allerdings klar geworden das es die Freobubble wirklich gibt und sie auch bestehen bleibt, wenn ich wieder gehe. Es ist unglaublich einfach einzutauchen und ich hatte Angst vor dem wieder Austritt in die Realität, aber tatsächlich geht es mir einfach nur unglaublich gut und ich bin von tiefster Dankbarkeit erfüllt.
Ich wollte mir gerne zwei bis drei Wochen Zeit geben um mein Auto in Perth zu verkaufen und dabei bitte möglichst kostenfrei zu leben. Wieder in einem Hostel zu arbeiten erschien mir allerdings wenig reizvoll und die Erwähnung des Programms HelpX während der letzten Farmarbeit kam genau richtig.
Auf HelpX können Farmen, Familien oder jeder andere der Hilfe mit Haus, Hof und Garten braucht nach Reisenden suchen die diese Hilfe im Austausch gegen Kost und Logis anbieten. Eine tolle Gelegenheit tiefer in eine Stadt/Kultur/Gemeinschaft einzutauchen und weltweit verfügbar.
So habe ich Eartship Freo gefunden. Eine Community in Fremantle, 20 Minuten südlich von Perth, die mich aufgrund ihrer umweltbewussten Lebensweise angezogen hat.
Drei Stunden am Tag im Gemeindezentrum gärtnern oder kochen und dafür einen Raum in einem der besetzten Häusern bewohnen dürfen.
Die fünf kunterbunten Häusern die nebeneinander an der Straße stehen wurden über die letzten Jahre von Eartship Freo besetzt und bewohnt um gegen die Erweiterung der Durchgangsstraße zu protestieren. Daher gibt es dort kein fließendes Wasser, ein wenig Solarstrom der allerdings maximal für eine kleine Lampe pro Raum reicht und eine Menge Decken.
Ich habe mich aus Nostalgie und Gemütlichkeitsgründen dafür entschieden mein Auto in den verwilderten Garten zu stellen und weiterhin dortdrin zu schlafen.
Die Gärten aller Häuser waren zu einem Großen verbunden worden.
Das Gemeindezentrum auf der anderen Seite der Kreuzung verfügte ebenfalls über einen großen Garten und auch über Wlan, eine Küche und eine Dusche.
Neben den circa zehn dauerhaften Bewohnern lebten auch fünf bis sechs Backpacker in den Häusern.
Ich habe in dieser Community unglaublich tolle und interessante Menschen kennengelernt und es war so einfach ein Teil der Gemeinschaft zu werden, weil fast jeder offen, freundlich und herzlich war.
Montags und Mittwochs haben wir eine vegane Suppenküche aus Lebensmittelspenden vorbereitet, die abends gegen Spende verspeist werden durfte. Dabei war diese Suppenküche nicht speziell nur für arme Menschen gedacht sondern für jeden der Hunger und Lust auf gute Gesellschaft hat.
Auch an den anderen Tagen herrschte kein Mangel an Essen. Die Lebensmittelspenden von Supermärkten und Bäckereien füllten die Kühlschränke immer hervorragend, zudem gab es weitere Communities die an anderen Tagen der Woche zum Abendessen einluden oder eines der unzähligen süßen Cafés oder Restaurants in Fremantle.
In der ersten Woche habe ich mich noch mit verschiedenen Freunden von der Hühnerfarm getroffen und Perth ein wenig erkundet. Perth ist eine recht schöne Stadt und hat gemütliche, grüne Ecken ist aber ansonsten auch nur eine weitere Stadt.
Fremantle hat deutlich mehr Flair, ist ein wenig alternativer und es gibt täglich Musikveranstaltungen, Ausstellungen oder Partys. Oder man sieht sich „Die Unglaublichen 2“ im Kino an.
Die nächsten beiden Wochenenden haben wir feiernd im Bush verbracht. Meine ersten und wohl leider auch vorerst letzten Bushparties. Eine absolut geniale Erfahrung und eine Art zu feiern an die ich mich gewöhnen könnte.
Für eine oder zwei Nächte irgendwo im australischen Inland mit 100 bis 200 Menschen campen, Lagerfeuer machen und das Leben genießen. Für viele steht auch stundenlanges Tanzen auf dem Programm, da passt für mich allerdings die Musik leider so gar nicht. Diese ist nämlich psychedelisch, hat keinem Text dafür umso mehr Bass und klingt für mich eigentlich immer gleich. Es gibt aber wohl ganz verschiedene Genre und Richtungen, die ich euch leider nicht erklären oder nennen kann.
Um am Feuer zu sitzen, gute Gespräche zu führen und mitzuwippen ist es aber eine gute Hintergrundstimmung.
Es ist einfach ein gutes Gefühl zwei Tage komplett abgeschnitten von der Zivilisation zu sein, keinen Handyempfang zu haben, im Dunkeln seim Auto zu suchen, neue Leute kennenzulernen, sich an jedem Feuer an dem man vorbeikommt aufzuwärmen, im Gesicht zu glitzern, am Lagerfeuer zu schlafen, Holz zu suchen, auf Wanderschaft zu gehen und Unmengen an Schokolade und Avocados zu essen.
Drei Wochen in denen ich ohnehin nichts besseres zu tun hatte waren für mich perfekt um sorgenfrei in dieser Welt zu schweben. Hätte ich danach noch mehr Zeit in Australien erfahren gehabt, wäre ich vermutlich schnell ungeduldig geworden und hätte mehr bereisen oder mir zumindest einen Job suchen wollen.
Mein Auto konnte ich zwei deutschen Backpackern aus der Community verkaufen.
Es ist schwer die Atmosphäre wirklich in Worte zu fassen, aber sie Zeit in Fremantle hat mich nachhaltig glücklich gemacht.
Nach dem kürzesten Checkin und einem sehr angenehmen Flug landete ich schließlich am Montagabend in Brisbane. Ich hatte den Abflugflughafen meiner Rückreise schon vor über einem Jahr angeben müssen, daher der Inlandsflug.
Dieser hatte jedoch das perfekte Ziel. Meine beiden Freundinnen Emily und Nicola die ich auf meiner ersten Farm kennengelernt und seitdem immer wieder getroffen habe wohnen nämlich mittlerweile beide dort.
Nics Wohnung, ausgestattet mit Licht, einer heißen Dusche und flauschigen Handtüchern erschien mir bei meiner nächtlichen Ankunft wie ein Paradies.
Da sie die nächsten Tage arbeiten musste habe ich die morgends damit verbracht auszuschlafen, durch Brisbane zu stromern und mit ihrer Mitbewohnerin zu quatschen. Am ersten Abend gab es dann selbstgemachte Gemüselasagne und Kässkuchen, beide einfach umwerfend.
An meinem letzten Tag in Australien hatten wir zu dritt einen sehr lustigen Abend im Pub, inklusive gutem Essen, Pubquiz und ein paar Bierchen. Dann noch den Rest des Käsekuchens verdrücken und planen wo wir uns wiedersehen könnten bevor am nächsten morgen mein Taxi zum Flughafen um sechs vor der Tür stand.
Mittlerweile bin ich heil in Fiji angekommen und schon fast mit der Hängematte verwachsen.
Liebe Grüße,
Eure Lara